Politik ist gefordert: Rettet die deutsche Innovationskraft
Studien zum deutschen Innovationssystem, das EFI-Gutachten 2016 und sinkende Patentanmeldungen zeigen in Besorgnis erregender Form, wie die Politik seit 15 Jahren eine gezielte Innovationsförderung vernachlässigt.
Während nur noch Großunternehmen und ein paar wenige Hidden Champions ihre F&E-Ausgaben steigern, fällt die Innovationskraft der kleineren und mittleren Unternehmen immer dürftiger aus. Die F&E-Intensität in Spitzentechnologien wie Pharma, IT, Elektronik, Optik und Dienstleistungen sinkt, auch wenn die Automobil- und die Pharmaindustrie dagegen ankämpfen.
Prüfungsprozesse erlahmen
Das für den gesetzlichen Rahmen zuständige Bundesjustizministerium (BMJ) nutzt das fehlende Interesse der Parlamentarier an der Innovationspolitik und entscheidet praktisch im Alleingang, welche Gesetze in Deutschland angewendet oder verweigert werden. Mit geschickt gesteuerten Gesetzesänderungen wurde so das Gebühreneinkommen aus gewerblichen Schutzrechten von ursprünglich wenigen Millionen auf weit über 150 Millionen Euro Überschuss gesteigert.
Deshalb kann das BMJ genüsslich zuschauen, wie immer mehr Ausländer dem rigideren Europäischen Patentamt den Rücken kehren und vermehrt beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) ihre Innovationen anmelden, obwohl 186.000 Prüfungsverfahren anhängig sind und nur 33.000 jährlich erledigt werden. Wegen derzeit rund 180 fehlender Prüfer ist das deutsche Prüfungsverfahren auf eine durchschnittliche Dauer von sechs Jahren angestiegen, sodass der Anmelder nach der Offenlegung seiner technischen Lehreetwa 54 Monate ohne einen Patentschutz dasteht – eine verheerende Entwicklung angesichts immer schneller werdender Innovationszyklen.
Ausland hat Zeichen erkannt
Das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln, der Deutsche Industrie- und Handelskammertag sowie die Expertenkommission „Forschung und Innovation“ haben unlängst angeprangert, dass die Innovationquote der deutschen Betriebe rückläufig sei, weil sich die deutschen KMU immer mehr vom Patentschutz zurückziehen würden. Dagegen werden die Erfinder in China systematisch mit massiven Fördermitteln auch zu Anmeldungen im Ausland unterstützt. Inzwischen haben die Asiaten sogar die in grüner Gentechnik und im Bereich Informations- und Kommunikationstechnik starken USA bei der Zahl der Patent-Neuanmeldungen überholt.
Und was passiert in Deutschland? Nicht viel. Viele unserer Nachbarländer haben hingegen Eigeninitiativen für KMU gestartet, zum Beispiel in Form einer Patentbox. Großbritannien konnte inzwischen mit einer 200-prozentigen Abschreibung auf F&E-Aufwendungen und Frankreich mit einer Anschub-Finanzierung von F&EProjekten mit 30 Prozent erste Erfolge erzielen. Halbe Amtsgebühren etwa in Frankreich, den USA und Kanada haben ebenfalls ihre Wirkung gezeigt. Vor 30 Jahren galten auch in Deutschland noch der halbe Einkommensteuersatz für Gewinne aus Erfindungen und der halbe Mehrwertsteuersatz für Tätigkeiten eines Patentanwalts.
Zuerst erschienen in “Die News” 04/2016. Klicken Sie hier für den vollständigen Artikel.